Glossar

Administrativhaft

Als Administrativhaft wird der Vollzug freiheitsentziehender Zwangsmassnahmen nach dem Ausländer- und Integrationsgesetz (SR 142.20) bezeichnet. Man unterscheidet zwischen Vorbereitungs-, Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft. 

SKJV

AEX

Arbeitsexternat

Das Arbeitsexternat (AEX) dient im Hinblick auf die Entlassung aus dem Vollzug der Eingliederung der eingewiesenen Person in den Arbeitsmarkt. Im AEX arbeitet die eingewiesene Person ausserhalb der Vollzugseinrichtung und verbringt dort nur noch die Ruhe- und Freizeit. Die Zulassung zum Arbeitsexternat setzt voraus, dass die eingewiesene Person in der Regel mindestens die Hälfte der Strafe verbüsst und sich im offenen Vollzug während einigen Monaten bewährt hat. Der eingewiesenen Person wird der Arbeitslohn gutgeschrieben. Daraus hat sie sich an den Vollzugskosten zu beteiligen.

Die Vollzugsbehörde kann auf Gesuch der verurteilten Person unter bestimmten Voraussetzungen anstelle des AEX für die Dauer von 3 bis 12 Monaten den Einsatz elektronischer Geräte und deren feste Verbindung mit dem Körper der verurteilten Person (elektronische Überwachung = EM-Backdoor) anordnen. EM-Backdoor setzt in der Regel voraus, dass sich die verurteilte Person im AEX bereits bewährt hat.

Konkordatsrichtlinien Arbeitsexternat

Arbeitsentgelt

Personen im Straf- und Massnahmenvollzug haben eine Arbeitspflicht (Art. 81 und 90 Abs. 3 StGB). Sie erhalten für ihre Arbeit ein von den Anforderungen des Arbeitsplatzes, ihrer Leistung und ihres Arbeitsverhaltens abhängiges Entgelt (Art. 83 StGB). Es soll ihnen ermöglichen, ihre persönlichen Auslagen während des Vollzugs zu decken, ihren sozialen Verpflichtungen nachzukommen, Wiedergutmachungsleistungen zu erbringen und sich ein Startkapital für die Zeit nach der Entlassung zu ersparen.

Konkordatsrichtlinien Arbeitsentgelt

Anstaltsplanung

Anstaltsplanung

NWI & OSK erstellen seit 2022 einen gemeinsamen Bericht mit Grundlagen zur Klärung des Platzbedarfs und zur Anstaltsplanung. Der Bericht enthält statistische Grunddaten, Angaben zum Platzangebot und dessen Auslastung, eine Übersicht über Bauprojekte und Forensische Angebote in der Deutschschweiz sowie eine fachliche Würdigung durch die beiden Konkordatssekretariate. Der Prozess für die künftige Erarbeitung der Grundlagen für den gemeinsamen Planungsbericht sowie dessen künftige Struktur und Inhalt werden derzeit neu erarbeitet.

Grundlagen für die Anstaltsplanung NWI und OSK 2022

Ausgang

Ausgänge sind Bestandteil der individuellen Vollzugsplanung. Sie dienen der Kontaktpflege mit Personen ausserhalb der Vollzugseinrichtung, der Aufrechterhaltung des Bezugs zur Aussenwelt und therapeutischen Zwecken. Sie sollen das soziale Verhalten der eingewiesenen Person fördern und das Vollzugsziel, künftig deliktfrei zu leben, unterstützen. Die Vollzugseinrichtung bestimmt die Örtlichkeit, wo der Ausgang zu verbringen ist, oder legt einen Rayon fest, der nicht verlassen werden darf.

Konkordatsrichtlinien Urlaub/Ausgang

Auslieferung

Als Auslieferung bezeichnet man die zwangsweise Übergabe einer gesuchten Person an einen anderen Staat zum Zweck der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung. Ein Auslieferungsfall in der Schweiz beginnt in der Regel mit dem ausländischen Fahndungsersuchen. Das Bundesamt für Justiz (BJ) prüft, ob eine Auslieferung grundsätzlich in Frage kommt. Ist der Aufenthaltsort in der Schweiz bekannt, ordnet das BJ die Festnahme der gesuchten Person an. Diese kommt in Auslieferungshaft. Ist der Aufenthaltsort unbekannt, kann das BJ die Person zur Verhaftung ausschreiben lassen.

BJ Auslieferung

Ausweisung

Die Ausweisung ist eine ausländerrechtliche Massnahme im Interesse der Sicherheit des Aufenthaltsstaates. Falls die oder der ausländische Staatsangehörige der Pflicht zur Ausreise nicht nachkommt, erfolgt die zwangsweise Ausschaffung durch die Polizei. Die Person kann unter Umständen in Administrativhaft genommen werden.

BGE

Entscheide des Schweizerischen Bundesgerichts

BGer

Berufe im Justizvollzug

Bewährungshilfe

Die Bewährungshilfe unterstützt die von ihr betreuten Personen bei der sozialen Integration und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Rückfallprävention. Sie hilft der verurteilten Person, die Probleme, die zur Straffälligkeit geführt haben oder die durch einen Freiheitsentzug entstanden sind, anzugehen und aufzuarbeiten. Insbesondere bei einem Übertritt aus einer Vollzugseinrichtung zurück in die Freiheit bestehen regelmässig Schwierigkeiten, die nicht alle verurteilten Personen selber lösen können. Eine Unterstützung erfolgt namentlich bei der Bewältigung von persönlichen, materiellen oder beruflichen Problemen. Die betreuten Personen werden persönlich beraten und beispielsweise bei der Unterkunfts- und Arbeitsuche oder bei der Schuldenregulierung unterstützt. Wenn nötig wird Fachhilfe durch Dritte (z.B. eine psychiatrische oder eine Suchtbehandlung) vermittelt.

Konkordatsrichtlinien Bewährungshilfe

BJ

Bundesamt für Justiz

BJ

Busse

Als Sanktion bei relativ geringfügigen Straftaten, sog. Übertretungen, wird Busse angedroht. Die Busse wird nach dem Geldsummenprinzip ausgefällt. Sie ist immer unbedingt, muss also in jedem Fall bezahlt werden. Der Höchstbetrag der Busse beträgt Fr. 10'000.-- (das Gesetz kann bei einzelnen Übertretungen auch höhere Bussen vorsehen). Das Gericht hat bereits im Urteil eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag bis höchstens drei Monate festzulegen für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird. Busse und Ersatzfreiheitsstrafe sind je nach den Verhältnissen der betroffenen Person so zu bemessen, dass diese die Strafe erleidet, die ihrem Verschulden angemessen ist. Im Bereich der Massendelinquenz, beispielsweise im Strassenverkehr, sind gewisse Schematisierungen nötig, damit die Verfahren möglichst einfach durchgeführt und abgeschlossen werden können. Wird die Busse nicht bezahlt und kann sie auf dem Weg der Zwangsvollstreckung nicht eingebracht werden, wird die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101)

Systematische Sammlung Bundesrecht

CPT

Europäischer Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe

BJ

Disziplinarmassnahmen

Das Disziplinarwesen (Art. 91 StGB) dient der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in den Vollzugseinrichtungen. Bei schuldhafter Verletzung der Anstaltsvorschriften oder bei Verstössen gegen den Vollzugsplan werden gegenüber den eingewiesenen Personen Disziplinarmassnahmen angeordnet. Disziplinarsanktionen sind je nach objektiver Schwere des Disziplinarfehlers, des bisherigen Vollzugsverhaltens und der Beweggründe der eingewiesenen Person ein Verweis, der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte, eine Busse sowie Zimmer- oder Zelleneinschluss oder Arrest als zusätzliche Freiheitsbeschränkungen.

Konkordatsrichtlinien Disziplinarrecht

Einweisungsbehörde

Siehe Vollzugsbehörde

EM

Electronic Monitoring

Die elektronische Überwachung (EM) kann für (Ersatz)Freiheitsstrafen von 20 Tagen bis zu 12 Monaten bewilligt werden. EM ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung zur Kontrolle der im Vollzugsplan festgelegten Pflichten. Die verurteilte Person kann ihrer Arbeit oder Ausbildung während des Vollzugs weiter nachgehen. Ihr stehen höchstens 14 Stunden ausserhalb der Unterkunft für Arbeit, Beschäftigung, Ausbildung, Einkäufe, Arztbesuche oder Therapiesitzungen zur Verfügung. An arbeits- oder ausbildungsfreien Tagen wird ihr, nach der Vollzugsdauer abgestuft, freie Zeit eingeräumt, während der sie sich ausserhalb der Unterkunft aufhalten darf. Im individuellen Wochenprogramm wird der jeweilige Tagesablauf mit den Zeiten, während denen die verurteilte Person zu Hause sein muss bzw. ihre Unterkunft verlassen darf oder muss, genau festgelegt. Die Einhaltung dieses Wochenprogramms wird elektronisch kontrolliert. Bei Abweichungen von den vordefinierten Zeiten erfolgt eine Meldung an die Vollzugsbehörde, ebenso, wenn die verurteilte Person das Band der Fussfessel öffnet oder zu öffnen versucht. Die Vollzugsbehörde bricht EM ab, wenn die verurteilte Person den Wochenplan missachtet oder diese Vollzugsform missbraucht, die Überwachungsgeräte manipuliert oder die Zahlung ihres Beitrags an die Vollzugskosten verweigert. Wird EM abgebrochen, wird die restliche Freiheitsstrafe im Normalvollzug oder, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, in Form der Halbgefangenschaft vollzogen.

Konkordatsrichtlinien besondere Vollzugsformen

Merkblatt EM

EMRK

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR.0.353.1)

Systematische Sammlung Bundesrecht

Entlassung

Die bedingte Entlassung (Art. 86 StGB) ist möglich, wenn die verurteilte Person zwei Drittel, mindestens aber drei Monate der Freiheitsstrafe verbüsst hat. Der Vollzug des verbleibenden Strafrestes wird für eine Probezeit bedingt aufgeschoben. Eine vorzeitige Entlassung hängt davon ab, ob der verurteilten Person eine günstige Legalprognose gestellt werden kann, ob also erwartet werden kann, dass diese nach ihrer Entlassung keine neuen Straftaten begeht. Für die Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit unerlässlich. Dafür werden neben dem Vorleben mit allfälligen Vorstrafen, der Persönlichkeit und dem Verhalten während des Vollzugs vor allem die neuere Einstellung zu den Taten (Zeigt die Person Einsicht in das Unrecht der Taten? Hat sie erkannt, weshalb sie die Taten begangen hat? Hat sie Verantwortung für ihr Handeln übernommen? Bereut sie ihre Taten?), eine allfällige Besserung (Hat die Person ihre Tat aufgearbeitet? Kennt sie die Risiken für neue Taten? Hat sie Handlungspläne und neue Handlungsmuster erarbeitet, um Risikosituationen und neue Taten künftig zu vermeiden?) und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse (Hat die Person eine geeignete Unterkunft? Hat sie eine Erwerbsarbeit, eine Beschäftigung oder Tagesstruktur? Ist die Finanzierung des Lebensunterhalts geklärt? Ist eine allfällige Nachbetreuung geregelt?) berücksichtigt. Ob die mit einer bedingten Entlassung stets verbundene Gefahr neuer Delikte hinnehmbar ist, hängt davon ab, welche Straftaten mit welcher Wahrscheinlichkeit drohen. Um eine Überforderung der verurteilten Person zu vermeiden, ist eine bedingte Entlassung grundsätzlich mit schrittweisen Vollzugsöffnungen vorzubereiten. Es kann dann überprüft werden, ob sich die Person in solchen Öffnungen praktisch bewährt. Begeht die bedingt entlassene Person bis zum Ablauf der Probezeit keine neuen Straftaten, ist sie endgültig entlassen und der aufgeschobene Strafrest wird nicht mehr vollzogen (Art. 88 StGB).

Konkordatsrichtlinien bedingte Entlassung

Fachkommission zur Überprüfung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern und Straftäterinnen

Hier finden Sie Informationen zur Fachkommission

FKA

FKB

FKE

Freiheitsstrafe

Die Freiheitsstrafe ist eine der Strafarten des schweizerischen Sanktionensystems. Die Mindestdauer der Freiheitsstrafe beträgt drei Tage, die Höchstdauer zwanzig Jahre. Wo es das Gesetz ausdrücklich bestimmt, dauert die Freiheitsstrafe lebenslänglich. Im Kurzstrafenbereich bis sechs Monate ist die Geldstrafe Hauptsanktion. Auf eine kurze Freiheitsstrafe kann erkannt werden, wenn dies geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten oder eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. Der Vollzug einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren kann bedingt aufgeschoben werden. Der Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem und höchstens drei Jahren kann teilweise bedingt aufgeschoben werden. Um zu verhindern, dass sozial integrierte Personen aus ihrem Umfeld herausgerissen werden, sieht das Bundesrecht drei besondere Formen für den Vollzug von Freiheitsstrafen vor, nämlich die Halbgefangenschaft (HG), die elektronische Überwachung (EM) und die gemeinnützige Arbeit (GA).

GA

Gemeinnützige Arbeit

Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten sowie für Geldstrafen und Bussen können in Form von gemeinnütziger Arbeit (GA) verbüsst werden. GA ist eine unentgeltliche Arbeitsleistung der verurteilten Person zugunsten von sozialen Einrichtungen oder Werken in öffentlichem Interesse. Vier Stunden GA entsprechen einem Tag Freiheitsstrafe, einem Tagessatz Geldstrafe oder einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe bei Bussen. Die GA ist innerhalb einer Frist von längstens zwei Jahren (bei Bussen innerhalb eines Jahres) zu leisten. Die verurteilte Person hat pro Woche wenigstens acht Stunden GA zu leisten. Die Vollzugsbehörde überprüft den Verlauf der GA anhand der Stundenrapporte und von weiteren Meldungen des Einsatzbetriebs. Sie bricht die GA nach vorausgegangener Ermahnung ab, wenn die verurteilte Person die festgelegten Bedingungen und Auflagen nicht einhält (z.B. zu Einsätzen nicht oder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss erscheint oder Anordnungen missachtet) oder die GA nicht innert Frist leistet. Die restliche Freiheitsstrafe wird im Normalvollzug oder, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, in Form der Halbgefangenschaft (HG) vollzogen. Offene Geldstrafen oder Bussen werden vollstreckt.

Konkordatsrichtlinien besondere Vollzugsformen

Gefangenentransporte

Gefangene müssen aus dem Sicherheitsbereich einer Vollzugseinrichtung in eine andere Einrichtung, zu einer Befragung oder zu einer medizinischen Untersuchung transportiert werden. Diese Transporte erfolgen je nach Situation begleitet und gesichert durch die Polizei, Mitarbeitende des Justizvollzugs oder einen privaten Sicherheitsdienst. Für interkantonale Häftlingstransporte besteht ein gesamtschweizerisch einheitliches System (JTS = Jail-Train-Street). Dieses basiert auf einer Vereinbarung der KKJPD als Auftraggeberin und der Unternehmensgemeinschaft SBB/Securitas AG als Auftragnehmerin.

Gefängnis

Als Gefängnis werden kantonale Vollzugseinrichtungen bezeichnet, die vorwiegend der Unterbringung von Personen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft dienen.

Geldstrafe

Die Geldstrafe ist Hauptsanktion im Kurzstrafenbereich bis sechs Monate. Sie wird nach dem Tagessatzsystem in zwei Schritten bemessen: In einem ersten Schritt wird entsprechend dem Verschulden zunächst eine bestimmte Anzahl Tagessätze (3 bis 180 Einheiten) festgelegt. In einem zweiten Schritt wird die Höhe des einzelnen Tagessatzes (Fr. 30.00 bis Fr. 3'000.00) aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der beschuldigten Person ermittelt. Ausnahmsweise kann der Tagessatz auf Fr. 10.00 herabgesetzt werden, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der beschuldigten Person dies gebieten. Entscheidungskriterien sind Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfällige Familien- und Unterstützungspflichten sowie das Existenzminimum. Wird die Geldstrafe nicht bezahlt und kann sie auf dem Weg der Zwangsvollstreckung nicht eingebracht werden, wird die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen, wobei ein Tagessatz Geldstrafe einem Tag Freiheitsentzug entspricht.

Haftbedingungen

Grundsätzlich sind die Kantone für die materiellen Haftbedingungen zuständig. Sie haben aufgrund der Rechtsprechung sowie der Standards der nationalen und internationalen Kontrollorgane mindestens zu gewährleisten, dass die Zellen in den Vollzugseinrichtungen genügend gross, sauber und gut unterhalten sind, genügend Tageslicht erhalten und über eine ausreichende künstliche Beleuchtung verfügen, genügend belüftet sind, beheizt werden können sowie über ein abgetrenntes WC, ein Lavabo und eine Gegensprechanlage verfügen. Untersuchungsgefangene, strafrechtlich verurteilte Personen und Personen in ausländerrechtlicher Administrativhaft müssen getrennt untergebracht werden. Zudem sind weibliche und männliche sowie erwachsene und jugendliche Gefangene zu trennen. Bei den Haftbedingungen für Untersuchungsgefangene und Personen in ausländerrechtlicher Administrativhaft ist der Unschuldsvermutung Rechnung zu tragen. Gefangene müssen sich täglich während wenigstens einer Stunde an der frischen Luft körperlich betätigen können. Die Spazierhöfe sind mit Geräten für eine sportliche Betätigung, mit einer Sitzgelegenheit und einem Witterungsschutz auszurüsten. Die Gefangenen müssen rund um die Uhr mit einer Betreuungsperson Kontakt aufnehmen können. In sämtlichen Einrichtungen, in denen sich Personen befinden, denen die Freiheit entzogen ist, ist die ständige Präsenz (Tag und Nacht) von Personal sicherzustellen. Zudem sollte den Gefangenen ermöglicht werden, sich während mehrerer Stunden pro Tag ausserhalb ihrer Zelle aufhalten und soziale Kontakte untereinander pflegen zu können. Sie sollten verschiedene Aktivitäten ausüben können, wie einer Beschäftigung nachgehen, an Bildungsmassnahmen teilnehmen, sich sportlich betätigen oder Freizeitaktivitäten ausüben. Gefangene sollten grosszügig Besuche in Räumen ohne Trennscheibe empfangen sowie (nötigenfalls überwacht) telefonieren können.

Hafterstehungsfähigkeit

Bei der Haft- oder Straferstehungsfähigkeit geht es um die Fähigkeit, in einer Vollzugseinrichtung ohne Gesundheitsgefahr leben und die mit dem Freiheitsentzug verbundenen Belastungen aushalten zu können. Dabei ist zu prüfen, ob der behördlich angeordnete Freiheitsentzug im Rahmen des üblichen Vollzugsregimes durchgeführt werden kann oder ob der körperliche oder geistige Gesundheitszustand der eingewiesenen Person die Unterbringung an einem bestimmten Ort (beispielsweise in einem Spital, einer Klinik oder einem Pflegeheim), eine Abweichung von den geltenden Vollzugsregeln (beispielsweise eine Einschränkung der Arbeitspflicht) oder gar den Aufschub oder die Unterbrechung des Freiheitsentzugs erfordert. Bei der Beurteilung der Haft- oder Straferstehungsfähigkeit geht es immer um eine juristische Rechtsgüterabwägung, die durch die Justizbehörde zu erfolgen hat und nicht der ärztlichen Einschätzung unterliegt. Gegeneinander abzuwägen sind einerseits die für die betroffene Person aus dem Freiheitsentzug resultierenden Risiken sowie andererseits die drohenden Gefahren für die Öffentlichkeit bei einem (vorübergehenden) Verzicht auf den Freiheitsentzug und das öffentliche Interesse an der Durchsetzung rechtskräftiger Entscheide.

HG

Halbgefangenschaft

Freiheitsstrafen bis zu 12 Monaten können in Form der Halbgefangenschaft (HG) verbüsst werden. HG soll der verurteilten Person ermöglichen, ihren Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu behalten, und so eine Desintegration aus der Arbeitswelt verhindern. Die verurteilte Person muss einer (unselbständigen oder selbständigen) Arbeit nachgehen oder in Ausbildung sein. Sie setzt ihre Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung im Umfang von wenigstens 20 Stunden pro Woche ausserhalb der Anstalt fort und verbringt die Ruhe- und Freizeit in einem Gefängnis oder einer anerkannten Einrichtung, welche die notwendige Betreuung und Überwachung gewährleistet. Die Vollzugseinrichtung erstellt mit der verurteilten Person einen Vollzugsplan. Dieser enthält neben den Vollzugszielen und allfälligen Unterstützungsmassnahmen insbesondere die auf die Arbeitszeit abgestimmte Aus- und Einrückungszeit. Der verurteilten Person stehen höchstens 14 Stunden ausserhalb der Vollzugseinrichtung für Arbeit, Beschäftigung, Ausbildung, Einkäufe, Arztbesuche oder Therapiesitzungen zur Verfügung. Die verurteilte Person muss pro Woche wenigstens einen ganzen Tag in der Vollzugseinrichtung verbringen. Die Vollzugsbehörde bricht die HG ab, wenn die verurteilte Person diese Vollzugsform missbraucht (beispielsweise während der Zeit ausserhalb der Einrichtung nicht an ihrem Arbeitsplatz erscheint, nicht oder verspätet in die Einrichtung zurückkehrt, Alkohol oder Drogen konsumiert) oder die Zahlung ihres Beitrags an die Vollzugskosten verweigert. Wird die HG abgebrochen, wird die restliche Freiheitsstrafe im Normalvollzug vollzogen.

Konkordatsrichtlinien besondere Vollzugsformen

JVA

Justizvollzugsanstalt

Als Justizvollzugsanstalt werden meist grössere Einrichtungen bezeichnet, die dem Vollzug von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Massnahmen dienen.

Kapazitätsmonitoring

Mit dem gesamtschweizerischen Bericht zum Kapazitätsmonitoring bzw. zum Monitoring Justizvollzug soll für die Kantone und Konkordate Transparenz geschaffen werden über das bestehende und geplante Angebot sowie die Nutzung der Vollzugsplätze. Es sollen Entwicklungen und Optimierungspotenziale aufgezeigt werden, so dass ein regionaler und überregionaler Handlungsbedarf erkennbar wird. Ziel ist es, eine harmonisierte, kohärente, professionelle gesamtschweizerische Belegungs- und Bedarfsanalyse zu etablieren.

SKJV

KLJV

KKLJV

KKJPD

Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und –direktoren

KKJPD

KoKJ

Koordinationskonferenz Justizvollzug

Als gesamtschweizerisches Organ sorgt die KoKJ, bestehend aus den drei Konkordatssekretären und je einer Vertretung des Generalsekretariats KKJPD (Vorsitz), der schweizerischen Konferenz der Amtsleitungen Justizvollzug, des Schweizerischen Kompetenzzentrums für den Justizvollzug (SKJV) und des Bundesamtes für Justiz (BJ) für den Austausch und eine gewisse Harmonisierung unter den Konkordaten.

Konkordat

Hier finden Sie Informationen zu den Vollzugskonkordaten

Konkordatsanstalten

Hier finden Sie Informationen zu den Konkordatsanstalten

Konkordatssekretariat

Kostgelder

Hier finden Sie Informationen zu den Kostgeldern im OSK

Laufakte

Die Vollzugsbehörde stellt der Vollzugseinrichtung, der Bewährungshilfe und den anderen am Vollzug beteiligten Stellen die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Unterlagen zu. Das Ostschweizer Konkordat hat eine Laufakte eingeführt, in der die nötigen Unterlagen wie der Vollzugsauftrag mit den Personalien, Delikten und Vollzugsdaten, die Urteile, allfällige Gutachten und Empfehlungen der Fachkommission zur Überprüfung der Gemeingefährlichkeit und der Strafregisterauszug nach einer vorgegebenen Struktur bereitgestellt und laufend ergänzt werden. Bei einer Verlegung der eingewiesenen Person oder beim Austritt aus der Vollzugseinrichtung wird die Laufakte mit einem Bericht über den Stand der Umsetzung des Vollzugsplans an die neue Vollzugseinrichtung oder die Bewährungshilfe zugestellt, so dass diese an die bisherige Vollzugsarbeit anknüpfen können.

Konkordatsrichtlinien Laufakte

Leben im Freiheitsentzug

Siehe Erläuterungen unter SKJV

Massnahmen

Wenn die schuldangemessene Strafe allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen und entweder ein Behandlungsbedürfnis besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert, hat das Gericht zusätzlich zur Freiheits- oder Geldstrafe eine Massnahme anzuordnen. Massnahmen orientieren sich an der Sozialgefährlichkeit der Täterin oder des Täters, die sich einerseits in der Anlasstat gezeigt hat und andererseits weitere Straftaten von einigem Gewicht befürchten lässt. Therapeutische Massnahmen sind die stationäre oder ambulante Behandlung einer psychischen Störung (Art. 59 und 63 StGB) oder einer Sucht (Art. 60 und 63 StGB) sowie die Massnahme für junge Erwachsene (Art. 61 StGB). Als sichernde Massnahmen sieht das StGB die ordentliche und als qualifizierte Form die lebenslängliche Verwahrung (Art. 64 Abs. 1 und 1bis StGB) vor. Notwendigkeit, Intensität und Dauer einer strafrechtlichen Massnahme bestimmen sich wesentlich nach der Ausprägung der Sozialgefährlichkeit.

Massnahmenvollzug

Personen, bei denen eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet wurde, werden in spezialisierte Institutionen eingewiesen. In der Regel sind dies Massnahmenvollzugseinrichtungen, forensische Kliniken oder Suchthilfeeinrichtungen. Die Einweisung in Justizvollzugsanstalten ist nur möglich, wenn diese eine ausreichende therapeutische Betreuung sicherstellen. Die Verwahrung wird hingegen meist in einer geschlossenen Justizvollzugsanstalt vollzogen.

Medizinische Versorgung der Gefangenen

Die medizinische Behandlung von Gefangenen, die Abgabe von Medikamenten sowie Spital- oder Klinikaufenthalte erfolgen, soweit sie notwendig und unaufschiebbar sind. Die Grundversorgung in den Bereichen somatische Medizin, medizinische Therapien, Zahnmedizin und Psychiatrie basiert auf den Grundversicherungsleistungen gemäss Krankenversicherungsgesetz (KVG). Alle medizinischen Leistungen entsprechen den schweizerischen Standards ausserhalb der Vollzugseinrichtungen. Die medizinische Versorgung innerhalb und ausserhalb der Vollzugseinrichtung muss gleichwertig sein (sog. Äquivalenzprinzip).

Merkblätter

HIer finden Sie die Merkblätter des OSK

NKVF

Nationale Kommission zur Verhütung von Folter

NKVF

Normalvollzug

Verbringt die eingewiesene Person ihre Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Regel in der Anstalt, befindet sie sich im Normalvollzug (Art. 77 StGB).

OSK

Resozialisierung

Resozialisierung bedeutet Wiedereingliederung in das Gefüge der Gesellschaft. Ziel des Vollzugs freiheitsentziehender strafrechtlicher Sanktionen ist die Verhinderung von Rückfällen durch Wiedereingliederung der verurteilten Personen.

Siehe auch Vollzugsstufen und Vollzugsziel

Richtlinien

HIer finden Sie die Richtlinien des OSK

RIPOL

Recherches informatisées de police

RIPOL ist das automatisierte Fahndungssystem des Bundes. Es umfasst Datenbanken für Personenfahndungen, Fahrzeugfahndungen, Sachfahndungen und ungeklärte Straftaten.

ROS

Risikoorientierter Sanktionenvollzug

Die Kantone des OSK arbeiten seit dem 1. Mai 2016 nach dem ROS-Prozess. Dieser sieht einen strukturierten Vollzugsprozess mit den vier Prozessschritten Triage, Abklärung, Planung und Verlauf vor. In der Triagierung werden diejenigen Fälle identifiziert, bei denen eine vertiefte Risiko‐ und Bedarfsabklärung notwendig ist. Im Prozessschritt Abklärung wird eine Einschätzung von Rückfallrisiko und Interventionsbedarf vorgenommen. Es wird möglichst früh im Vollzugsverlauf ein Fallkonzept entwickelt, das risikorelevante Problembereiche benennt. Im Prozessschritt Planung werden diese Abklärungsergebnisse in eine Interventionsplanung überführt, welche die Grundlage der Fallführung bildet. Im Prozessschritt Verlauf erfolgen rückfallpräventive Interventionen, regelmässige Standortbestimmungen und eine standardisierte Verarbeitung der Vollzugsberichte, um Verlauf und Ergebnis bewerten zu können. ROS ermöglicht einen flächendeckenden, funktions- und organisationsübergreifenden Sanktionenvollzug.

Konkordatsrichtlinien ROS

www.rosnet.ch

Sanktionenrecht

Das Schweizerische Strafgesetzbuch (StGB) unterscheidet zwischen Strafen und Massnahmen. Strafen beziehen sich auf die Tat bzw. die in der Vergangenheit liegende Tatschuld und sind als ausgleichender staatlicher Eingriff in die Rechtsgüter des Täters zu verstehen. Massnahmen werden zusätzlich zu diesen schuldangemessenen Strafen angeordnet, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen und entweder ein Behandlungsbedürfnis besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert.

Das StGB schreibt grundsätzlich einen auf Resozialisierung ausgerichteten Vollzug vor. Vollzugsziel ist die Verhinderung von Rückfällen durch Wiedereingliederung der verurteilten Personen. Die meisten Sanktionen sind zeitlich begrenzt. Die eingewiesenen Personen werden deshalb früher oder später in Freiheit entlassen und kehren in die Gesellschaft zurück. Die Vollzugszeit ist deshalb zu nutzen, um diese Rückkehr möglichst gut vorzubereiten. Ein Vollzug ist erfolgreich, wenn Resozialisierung und Reintegration der eingewiesenen Person in ihr gesellschaftliches Umfeld gelingen und Rückfälle ausbleiben. Der Vollzug beruht auf einem Stufensystem. Der eingewiesenen Person werden im Hinblick auf ihre Rückkehr in die Gesellschaft zunehmend mehr Freiheiten gewährt und Verantwortung übertragen. Besteht allerdings Flucht- oder Rückfallgefahr, so sind solchen stufenweisen Vollzugsöffnungen Grenzen gesetzt.

Die eingewiesenen Personen sollen Ihre Sanktion nicht passiv absitzen. Vielmehr sollen sie sich mit ihren Delikten, deren Ursachen, Hintergründen und Folgen auseinandersetzen (Mitwirkungspflicht nach Art. 75 Abs. 4 StGB). Die Vollzugsarbeit wird darauf ausgerichtet, dass die eingewiesenen Personen Verantwortung für ihre Entscheidungen und Handlungen übernehmen.

Sicherheitshaft

Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und der Rechtskraft des Urteils, dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion, dem Vollzug der Landesverweisung oder der Entlassung (Art. 220 Abs. 2 StPO). Sie ist nur zulässig, wenn sich der dringende Tatverdacht gegen die beschuldigte Person erhärtet und ein besonderer Haftgrund vorliegt (siehe Untersuchungshaft).

SKJV

Schweizerisches Kompetenzzentrum für den Justizvollzug

Auf operativer Ebene sorgt das von Bund und KKJPD getragene Schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV) für einheitliche Standards und Inhalte bei der Ausbildung. Das SKJV unterstützt die KKJPD, die Konkordate und die Kantone in der strategischen Planung und Entwicklung des Justizvollzugs und stellt eine wichtige Schnittstelle zwischen politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie Fachleuten dar.

SKJV

Soft Law

Soft Law

Zum Soft Law werden anerkannte nationale und internationale Regelungen gezählt, welche von unterschiedlicher rechtlicher und politischer Bedeutung, aber nicht direkt verbindlich sind. Obwohl Regelungen des Soft Law einen normativen Charakter aufweisen, gehen demokratisch legitimierte Gesetze dem Soft Law vor. Soft Law dient den Gerichten und den rechtsanwendenden Behörden als Entscheidungs- und Auslegungshilfe. Das SKJV listet eine nach Themen gegliederte Auswahl von Soft Law-Quellen auf.

SKJV

Statistik

StGB

Schweizerisches Strafgesetzbuch (SR 311.0)

Systematische Sammlung Bundesrecht

StPO

Schweizerische Strafprozessordnung (SR 312.0)

Systematische Sammlung Bundesrecht

SPT

Sub-Comittee on Prevention of Torture

Kommission der Vereinten Nationen zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung.

BJ

Strafen

Strafen im schweizerischen Sanktionensystem sind die Busse, die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe.

Strafvollzug

Verurteilte Personen werden durch die zuständige Vollzugsbehörde zum Vollzug der richterlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe in die geeignete offene oder geschlossene Anstalt eingewiesen. Frauen und Männer sind dabei grundsätzlich getrennt unterzubringen. Die Einweisung erfolgt in eine geschlossene Strafanstalt oder in eine geschlossene Abteilung einer offenen Strafanstalt, wenn die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person flieht, oder zu erwarten ist, dass sie weitere Straftaten begeht. Entscheidendes Kriterium für die Einweisung in den einen oder anderen Anstaltstyp ist das Ausmass an Sicherung, dem die verurteilte Person unterworfen werden muss, um die allenfalls von ihr ausgehende Gefahr zu bannen. Geschlossene Anstalten müssen durch bauliche, technische, organisatorische und personelle Mittel möglichst gewährleisten, dass sich die eingewiesenen Personen nicht durch Flucht dem Strafvollzug entziehen und allenfalls weitere Straftaten begehen.

Siehe auch Vollzugsziel, Vollzugsgrundsätze, Vollzugsformen, Vollzugsstufen

Strafvollzugskommission

Hier finden Sie Informationen zur Strafvollzugskommission

Übergangsmanagement

Der guten Bewältigung von Schnittstellen im Vollzugsverlauf kommt grosse Bedeutung zu. Die Zuständigkeiten, der Inhalt der Aufgaben und die Zusammenarbeit der an einem Vollzug beteiligten Stellen müssen geklärt sein. Da das Rückfallrisiko in den ersten Monaten nach einer Entlassung aus einer Vollzugseinrichtung bekanntermassen hoch ist, kommt namentlich der Gestaltung des Übergangs in die Freiheit eine ganz wichtige Bedeutung zu. Ein gelingendes Übergangsmanagement bedarf einer durchgehenden Betreuung sowie einer problem- und lösungsorientierten Vernetzung mit Kooperationspartnern innerhalb und auch ausserhalb des Justizvollzugs.

Unschuldsvermutung

Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig (Art. 10 Abs. 1 StPO). Die Wirksamkeit der Unschuldsvermutung endet grundsätzlich mit dem Schuldspruch. Diese findet daher weder auf Gefährlichkeitsprognosen im Rahmen des Straf- oder Massnahmenvollzugs Anwendung, noch kann sich die betroffene Person hinsichtlich einer Therapie oder Therapieverweigerung auf sie berufen.

Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft ist eine strafprozessuale freiheitsentziehende Zwangsmassnahme. Sie dient dazu, die physische Präsenz der beschuldigten Person während des Strafverfahrens zu gewährleisten, soll Absprachen zwischen beschuldigter und anderen Personen verhindern sowie zudem das weitere Begehen von schweren Straftaten verunmöglichen. Sie ist daher nur zulässig, wenn die beschuldigte Person einer schwereren Straftat dringend verdächtig ist und ernsthaft zu erwarten ist, dass sie sich dem Strafverfahren oder der drohenden Sanktion durch Flucht entzieht (Fluchtgefahr), Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Kollusionsgefahr) oder durch schwere Straftaten die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Wiederholungsgefahr). Untersuchungshaft ist auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, eine schwere Straftat auszuführen, wahrmachen (Art. 221 StPO). Sie beginnt mit der Anordnung durch das Zwangsmassnahmengericht und endet mit dem Eingang der Anklage beim erstinstanzlichen Gericht, dem vorzeitigen Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion oder mit der Entlassung der beschuldigten Person aus der Haft (Art. 220 Abs. 1 StPO).

Die KKJPD hat am 17. November 2023 Empfehlungen für die Ausgestaltung des Vollzugs der Untersuchungs- und Sicherheitshaft verabschiedet.

Urlaub

Urlaube sind Bestandteil der individuellen Vollzugsplanung und dienen in erster Linie der Erreichung des gesetzlichen Vollzugsziels der künftigen Straffreiheit. Sachurlaube dienen der Besorgung dringlicher, unaufschiebbarer persönlicher, geschäftlicher und rechtlicher Angelegenheiten, für welche die Anwesenheit der eingewiesenen Person ausserhalb der Vollzugseinrichtung unerlässlich ist. Beziehungsurlaube dienen dem Aufbau, der Aufrechterhaltung und Pflege persönlicher und familiärer Beziehungen, soweit diese für die soziale Wiedereingliederung der eingewiesenen Person wertvoll und nötig sind.

Konkordatsrichtlinien Urlaub/Ausgang

Verwahrung

Vollzugsbehörde

Die Vollzugs- oder Einweisungsbehörde steuert und koordiniert die Planung des gesamten Vollzugs einschliesslich der Probezeit nach der Entlassung aus der Vollzugseinrichtung. Sie arbeitet nach der ROS Konzeption. Sie bestimmt im Einzelfall die geeignete Vollzugseinrichtung. Sie stellt der Vollzugseinrichtung, der Bewährungshilfe und den anderen am Vollzug beteiligten Stellen die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen und Unterlagen zu. Sie entscheidet über Vollzugsöffnungen wie die Bewilligung von Urlaub, die Verlegung in eine andere Vollzugseinrichtung, den Vollzug in Form des Arbeits- sowie des Wohn- und Arbeitsexternats oder die bedingte Entlassung.

Verzeichnis der Vollzugsbehörden der Schweiz

Vollzugsformen

Für den Vollzug von unbedingten Freiheitsstrafen bestehen drei besondere Vollzugsformen, nämlich die gemeinnützige Arbeit (GA), die elektronische Überwachung (Electronic Monitoring, EM) und die Halbgefangenschaft (HG). Die Bewilligung einer besonderen Vollzugsform setzt namentlich voraus, dass weder die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person während des Strafvollzugs flieht noch weitere Straftaten begeht. Zentrales Anliegen der besonderen Vollzugsformen ist es, der sozial desintegrierenden Wirkung von Freiheitsstrafen entgegenzuwirken und das soziale Netz im Hinblick auf die Beendigung des Strafvollzugs möglichst zu erhalten. Es werden deshalb nur Personen zu einer besonderen Vollzugsform zugelassen, die sich während und auch nach dem Vollzug in der Schweiz aufhalten dürfen.

Konkordatsrichtlinien besondere Vollzugsformen

Vollzugsgrundsätze

Die verurteilte Person soll ihre Freiheitsstrafe nicht einfach passiv absitzen. Vielmehr soll sie sich mit ihren Delikten, deren Ursachen, Hintergründen und Folgen auseinandersetzen. Sie soll Verantwortung für ihre Entscheidungen und Handlungen übernehmen. Art. 75 StGB nennt fünf Vollzugsgrundsätze:

  1. Die Förderung des sozialen Verhaltens
  2. die Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse (Normalisierungsprinzip)
  3. die Betreuung der eingewiesenen Person (besondere Fürsorgepflicht)
  4. die Schadensvermeidung (Entgegenwirkungsprinzip) und
  5. den Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugspersonals und der Mitgefangenen (Sicherungsprinzip).

SKJV

Vollzugsöffnungen

Als Vollzugsöffnungen gelten sämtliche Aufenthalte von eingewiesenen Personen ausserhalb des Sicherheitsbereichs einer geschlossenen Vollzugseinrichtung oder einer geschlossenen Abteilung einer offenen Vollzugseinrichtung sowie ausserhalb des Areals einer offenen Vollzugseinrichtung (ausgenommen im Vollzugskonzept vorgesehene, der Einweisungsbehörde bekannt gegebene begleitete Aktivitäten). Namentlich gelten als Vollzugsöffnungen begleitete und unbegleitete Ausgänge, Sach-, Beziehungs- und Sonderurlaube, die Beschäftigung von eingewiesenen Personen ausserhalb der Anstaltsmauern bzw. in einem weniger gesicherten Bereich, die Versetzung aus einer geschlossenen in eine offene Vollzugseinrichtung, die Beschäftigung bei einem privaten Arbeitgeber und externe Arbeitstrainings, Arbeitsexternate sowie Wohn- und Arbeitsexternate sowie die bedingte Entlassung. Nicht als Vollzugsöffnung gelten polizeiliche Zuführungen von eingewiesenen Personen sowie Gefangenentransporte mit dem interkantonalen Transportsystem JTS oder mit kantonseigenen Gefangenentransporten.

Konkordatsrichtlinien Gemeingefährliche

Konkordatsrichtlinien Urlaub/Ausgang

Vollzugspflicht

Die Kantone sind verpflichtet, die für den Vollzug der strafprozessualen Haft, der strafrechtlichen Sanktionen und der ausländerrechtlichen Anordnungen erforderlichen Vollzugseinrichtungen zu bauen und zu betreiben. Sie haben eine ausreichende Anzahl Vollzugsplätze in geeigneten Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, damit die Gefangenen angemessen, d.h. dem Zweck des Freiheitsentzugs entsprechend, untergebracht werden können. Genügend Vollzugsplätze sind nötig, damit die Kantone ihre Kernaufgaben im Bereich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit erfüllen können: Sie müssen auf Entwicklungen im Bereich der Kriminalität rasch reagieren, notwendige polizeiliche Aktionen durchführen, Tatverdächtige nötigenfalls festnehmen und dem Zwangsmassnahmengericht vorführen, die ausgefällten Sanktionen einschliesslich Landesverweisungen zeitgerecht vollziehen und ausländerrechtliche Aus- und Wegweisungen sicherstellen können.

Vollzugsplan

Die fünf Vollzugsgrundsätze stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Der Wiedereingliederungsauftrag beinhaltet je nach eingewiesener Person unterschiedliche Aufgaben. Mit der Pflicht, mit der eingewiesenen Person einen Vollzugsplan zu erstellen (Art. 75 Abs. 3 StGB), wird die Individualisierung des Vollzugs betont. Im Vollzugsplan sind im Einzelfall die verschiedenen, teils widersprüchlichen Interessen gegeneinander abzuwägen. Mit jeder eingewiesenen Person ist ein solcher Vollzugsplan zu erstellen. Der Vollzugsplan soll je nach Aufenthaltsdauer der eingewiesenen Person und den zu erwartenden Lebensverhältnissen nach der Entlassung die Vollzugsziele und die vorgesehenen Vollzugsschritte individuell festlegen. Es ist ein Unterschied, ob eine verurteilte Person nur eine kurze Strafe zu verbüssen hat oder voraussichtlich mehrere Jahre in der Anstalt bleibt, ob sie in der Schweiz ein tragfähiges Beziehungsnetz hat oder als Kriminaltourist nach dem Vollzug sofort ausgeschafft wird. Elemente des Vollzugsplans sind die Unterbringung, die notwendige Betreuung und der Therapiebedarf, allenfalls besondere Sicherheitsvorkehrungen, die Arbeit, die schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, die Wiedergutmachung, die Beziehungen zur Aussenwelt sowie die Vorbereitung der Entlassung. Die Einhaltung des Vollzugsplans und die aktive Mitwirkung der eingewiesenen Person bei der Erreichung der Vollzugsziele sind Voraussetzung für die Bewilligung von Vollzugsöffnungen und Vollzugsstufen.

Konkordatsrichtlinien Vollzugsplanung

Vollzugsstufen

Das Bundesrecht schreibt einen auf Wiedereingliederung und Resozialisierung ausgerichteten Straf- und Massnahmenvollzug vor. Der eingewiesenen Person soll grundsätzlich eine Freiheits- bzw. Entlassungsperspektive eröffnet bleiben. Deshalb haben sich die Vollzugsbedingungen am Grundsatz der Rückfallverhütung nach der Entlassung aus dem Vollzug zu orientieren. Dieser Vollzug beruht auf einem Stufensystem (idealtypisch vom geschlossenen, über den offenen Vollzug mit Ausgang und Urlaub, das Arbeitsexternat oder Arbeits- und Wohnexternat bis zur bedingten Entlassung. Dem Gefangenen werden im Hinblick auf seine Rückkehr in die Gesellschaft zunehmend mehr Freiheiten gewährt und Verantwortung übertragen. Je grösser die Flucht- oder Rückfallgefahr aber ist, desto engere Grenzen sind solchen stufenweisen Vollzugsöffnungen gesetzt.

Konkordatsrichtlinien AEX

Vollzugsziel

Das Bundesrecht schreibt grundsätzlich einen auf Wiedereingliederung und Resozialisierung ausgerichteten Vollzug vor. Vollzugsziel ist die Verhinderung von Rückfällen durch Wiedereingliederung der verurteilten Personen.

SKJV

Vorzeitiger Straf- und Massnahmenvollzug

Nach Art. 236 Abs. 1 StPO kann die Verfahrensleitung der beschuldigten Person bewilligen, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig, d.h. vor einer rechtskräftigen Verurteilung anzutreten. Der vorzeitige Sanktionsvollzug soll ermöglichen, dass der beschuldigten Person bereits während des Strafverfahrens verbesserte Chancen auf Resozialisierung geboten werden können. Der vorzeitige Vollzug kann gegen den Willen der betroffenen Person nur so lange aufrechterhalten werden, als die Haftvoraussetzungen weiter gegeben sind. Mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt tritt die beschuldigte Person ihre Strafe oder Massnahme an. Sie untersteht von diesem Zeitpunkt an grundsätzlich dem Vollzugsregime (Art. 236 Abs. 4 StPO).

VOSTRA

Strafregister-Informationssystem

BJ

Weisungen

Weisungen (Art. 94 StGB) können der verurteilten Person vom Gericht oder der Vollzugsbehörde für die Probezeit erteilt werden. Sie betreffen beispielsweise den Aufenthalt, Abstinenz von Suchtmitteln, Schadenersatzzahlungen oder ärztliche und psychologische Betreuung. Sie dienen dazu, die Rückfallgefahr zu mindern, der Begehung neuer Delikte vorzubeugen und damit mögliche Opfer zu schützen. Die Einhaltung der Weisungen wird regelmässig kontrolliert. Missachtet die verurteilte Person die Weisung, wird sie in der Regel schriftlich zu deren Einhaltung ermahnt. Hält sie die Weisung trotz Mahnung weiter nicht ein oder ist ernsthaft zu erwarten, dass sie neue Straftaten begeht, kann das Gericht den Vollzug der aufgeschobenen Strafe anordnen (Art. 95 Abs. 5 StGB).

Konkordatsrichtlinien Bewährungshilfe

WAEX

Wohn- und Arbeitsexternat

Als letzte Vollzugsstufe vor der Entlassung ist das Wohn- und Arbeitsexternat (WAEX) vorgesehen. Dabei arbeitet die eingewiesene Person nicht nur extern, sie wohnt auch ausserhalb der Vollzugseinrichtung. Das WAEX kann nur bei langen Strafen zur Anwendung kommen und ist zeitlich begrenzt. Die Bewilligung wird an die begründete Aussicht geknüpft, dass eigenständiges Wohnen ausserhalb der Anstalt einen positiven Beitrag zur Wiedereingliederung und zur Erreichung der Vollzugsziele leistet und die eingewiesene Person durch die höheren Anforderungen und vermehrten Freiheiten nicht überfordert wird. Der eingewiesenen Person wird der Arbeitslohn gutgeschrieben. Daraus hat sie sich an den Vollzugskosten zu beteiligen.
Die Vollzugsbehörde kann auf Gesuch der verurteilten Person unter bestimmten Voraussetzungen anstelle des WAEX den Einsatz elektronischer Geräte und deren feste Verbindung mit dem Körper der verurteilten Person (elektronische Überwachung = EM-Backdoor) anordnen. EM-Backdoor setzt in der Regel voraus, dass sich die verurteilte Person im AEX bereits bewährt hat.

Siehe auch Vollzugsstufen

Konkordatsrichtlinien Arbeitsexternat

Zentralstelle