Die Kantone Appenzell-Innerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, St.Gallen, Thurgau und Zürich bilden das Ostschweizer Strafvollzugskonkordat. Oberstes Organ des Konkordats ist die Ostschweizer Strafvollzugskommission, bestehend aus je einer Vertretung der Regierungen der beteiligten Kantone.
Der Konkordatsgedanke
Nach der Bundesverfassung (BV) sind die Kantone für die Durchführung des Straf- und Massnahmenvollzugs zuständig (Art. 123 Abs. 2 BV). Sie
- haben die von ihren Strafgerichten ausgefällten Urteile zu vollziehen (Art. 372 Abs. 1 StGB);
- haben die erforderlichen Einrichtungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen (Art. 40 StGB) sowie therapeutischen (Art. 59 – 61 StGB) und sichernden (Art. 64 StGB) Massnahmen im offenen und geschlossenen Vollzug, für männliche und weibliche, für erwachsene und jugendliche Gefangene sowie für besondere Gefangenengruppen zu errichten und zu betreiben (Art. 377 StGB);
- können über die gemeinsame Errichtung und den gemeinsamen Betrieb von Anstalten und Einrichtungen Vereinbarungen treffen oder sich das Mitbenutzungsrecht an Anstalten und Einrichtungen anderer Kantone sichern (Art. 378 StGB).
- haben einen einheitlichen Vollzug der strafrechtlichen Sanktionen zu gewährleisten (Art. 372 Abs. 3 StGB)
Um die bundesrechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anstalten für die verschiedenen Sanktionen und Kategorien von männlichen und weiblichen Gefangenen mit unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen erfüllen zu können, sind wenigstens acht verschiedene Anstalten notwendig. Dies übersteigt die Möglichkeiten selbst grosser Kantone. Die Kantone haben sich deshalb in den Jahren 1956 bis 1963 zu drei regionalen Vollzugskonkordaten zusammengeschlossen. Das sind interkantonale Vertragswerke, welche
- die Aufgaben unter den beteiligten Kantonen bei der Planung, beim Bau und beim Betrieb der Vollzugseinrichtungen aufteilen,
- die Rahmenbedingungen schaffen, um einen grundrechtskonformen, effizienten und kostengünstigen Vollzug zu ermöglichen sowie
- den Vollzug durch gemeinsame Richtlinien vereinheitlichen, um die Vollzugsziele bestmöglich zu erreichen.
Die Konkordatsvereinbarung
Die Kantone Zürich, Glarus, Schaffhausen, Appenzell A.Rh., Appenzell I.Rh., St.Gallen, Graubünden und Thurgau haben sich im Jahr 1956 zum Ostschweizer Strafvollzugskonkordat zusammengeschlossen. Die Ostschweizer Strafvollzugskommission hat am 29. Oktober 2004 im Zuge der Anpassungsarbeiten an den revidierten Allgemeinen Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuches die Konkordatsvereinbarung vollständig überarbeitet.
Die Vereinbarung regelt die interne Organisation des Konkordats mit den verschiedenen Gremien. Kernpunkt ist die Aufteilung der Vollzugsaufgaben unter den Konkordatskantonen. Die Konkordatsanstalten werden namentlich aufgelistet. Der jeweilige Standortkanton verpflichtet sich, die Anstalt bereitzustellen und zu betreiben sowie verurteilte Personen aus den Konkordatskantonen im Rahmen der Aufnahmefähigkeit der Anstalt zu übernehmen. Diese Verpflichtung steht unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Instanzen des Standortkantons (Stimmbürgerschaft, Parlament, Regierung) die dafür erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen. Neben den ausdrücklich genannten Konkordatsanstalten kann die Strafvollzugskommission auf Antrag des Standortkantons weiteren Vollzugseinrichtungen gemeinsame Vollzugsaufgaben übertragen, wenn diese die Vorgaben des Konkordats einhalten und bereit sind, den Konkordatskantonen ihre Vollzugsplätze zur Verfügung zu stellen.
Die Vereinbarung enthält die wichtigsten Bestimmungen über die Durchführung der Vollzüge und die Kostenregelungen. Für die Konkordatskantone besteht die grundsätzliche Pflicht, ihre Vollzüge in den Konkordatsanstalten durchzuführen. Die Einweisungs- oder Vollzugsbehörde (= Urteilskanton) koordiniert die gesamte Vollzugsplanung und stellt den am Vollzug beteiligten Stellen die Informationen und Unterlagen zu, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Sie bestimmt die geeignete Vollzugseinrichtung und entscheidet über Vollzugsöffnungen, über Versetzungen und die (vorzeitige) Entlassung. Die Vollzugseinrichtung (= Vollzugskanton) übernimmt die zugewiesene Person und erstellt mit dieser im Rahmen der Vorgaben des einweisenden Kantons einen Vollzugsplan (Art. 75 Abs. 3 StGB). Im Vollzugsplan werden Angaben zum Vollzugsverlauf gemacht und die Vollzugsziele werden für jede eingewiesene Person konkretisiert. Es werden die Massnahmen sowie pädagogischen und therapeutischen Mittel aufgeführt, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. In Nachachtung von Art. 372 Abs. 3 StGB erfolgt die weitere Vereinheitlichung des Vollzugs durch gemeinsame Richtlinien.
Die Ostschweizerische Strafvollzugskommission hat sich darauf verständigt, dass die Zusammenarbeit unter den Konkordatskantonen auf weitere Bereiche des Freiheitsentzugs ausgedehnt wird. Die nötigen Vollzugsplätze werden nicht nur für den Straf- und Massnahmenvollzug, sondern auch für strafprozessuale und ausländerrechtliche Haft in gegenseitiger Abstimmung geplant. Das gesamte Platzangebot soll gemeinsam qualitativ weiterentwickelt und über die Kantonsgrenzen hinweg optimal bewirtschaftet werden.